Befriedigt der Onlinekauf unseren Jagdinstinkt?

Wir wissen, dass der Spruch „Handel ist Wandel“ nicht nur für diese Branche zählt, am Einzelhandel aber gut nachvollziehbar ist. Die Einzelhändler sind es seit Jahrzehnten gewohnt, dass sich ihre Situation verändert. Die als Teil der industriellen Revolution entstandenen Kaufhäuser traten in Konkurrenz zu den stationären Läden, heute übernehmen die Einkaufscenter mit ihrem Lifestyle- und Erlebniskonzepten das Ruder; zusätzlich verschärft der Onlinehandel den Wettbewerb. Da ist die folgende Frage durchaus berechtigt:

Hat der Stationäre Einzelhandel ausgedient?

Um diese Frage zu beantworten, schaue ich zunächst auf den Urtrieb des Menschen. Grundsätzlich ist der Mensch instinktgetrieben und sein Handeln lässt sich immer bis auf die Urinstinkte herunter brechen, die da sind: Selbsterhalt, Fortpflanzung, Sozialinstinkt, Territorialinstinkt, Neugier und Erkundung. Diese Instinkte sind nicht isoliert zu betrachten, sondern überlappen und beeinflussen sich gegenseitig. Auch kulturelle, soziale und individuelle Faktoren können den Ausdruck unserer Instinkte beeinflussen.

Der Mensch ist Entdecker, Jäger und Sammler.

Was haben die Instinkte mit dem Stationären Einzelhandel zu tun? Sehr viel! Verstehen wir den Kaufprozess als Teil unseres instinktiven Selbsterhaltungstriebs, so erfahren wir unsere Jagdbefriedigung durch den Tausch der Ware gegen Geld an der Kasse. Ein elementarer Aspekt für die Befriedigung unseres Jagdinstinkts ist der „Augenblick“ zwischen Verkäufer und Käufer, der den Käufer bei Übergabe für seinen „Jagderfolg“ emotional belohnt.

Im aufkommenden E-Commerce seit Anfang der 2000er Jahre übernahm der Paketbote diese emotionale Rolle. Damals freute man sich nicht nur darüber, auch mal ein Paket geschickt zu bekommen, sondern baute auch emotionale Beziehungen zum Paketboten auf. Der „Augenblick“ bei der Paketübergabe ersetzte die Kassensituation. Die Freude über den Jagderfolg nach dem günstigeren Preis untermauerte das Glücksgefühl.

Heute, über 20 Jahre nach Einführung der neuen und innovativen Kaufmöglichkeiten, hat sich die Situation gesetzt. Die Kunden wurden anspruchsvoller mit Blick auf das Preis-Leistungs-Verhältnis; Geld ist nicht mehr alles. Und durch die Verschlechterung der Zustellsituation fällt dieser emotionale Träger zunehmend aus. Der E-Commerce-Verband ermittelte, dass die geringere Ausgabebereitschaft der Verbraucherinnen und Verbraucher sich im Jahr 2023 erneut in deutlich gesunkenen Gesamtumsätzen im deutschen E-Commerce widerspiegelte.

Warum kaufen wir weniger online?

Die sinkenden Online-Umsätze sind zum Teil auf die aktuelle finanzielle Lage zurückzuführen. Für mich aber vielmehr ein Beleg dafür, dass sich die Käuferinnen und Käufer online nicht ausreichend „befriedigt“ fühlen. Durch das Fehlen der emotionalen Komponente deckt der Online-Kauf unser instinktives Jagdgefühl nicht ausreichend ab. Aus diesem Grund werden die Menschen in Zukunft wieder verstärkt persönlich einkaufen.

Die Einkaufszonen werden sich verändern.

Wir kaufen zukünftig wieder mehr im Stationären Einzelhandel. Die Einkaufszonen werden nicht mehr so aussehen, wie wir sie heute kennen, sondern stärker geprägt sein durch Showrooms, Erlebniselementen, Lebensräumen und neuen Services. Die Einkaufscenter machen hier heute schon einen guten Job. Die reale und digitale Welt verschmelzt zunehmend. Stationäre Händler bieten ihren Kunden Waren und Services über verschiedene analoge und digitale Kanäle an. Click and Collect und Lieferdienste sind zwei aktuelle Beispiele. Stationäre Händler gehen online; aber auch Online-Händler verkaufen stationär.

Der Absatzkanal beeinflusst die Produktbindung.

Durch den E-Commerce hat sich die Beziehung zu den gekauften Produkten negativ verändert. Durch das fehlende Kauferlebnis im digitalen Handel fehlen die emotionalen Geschichten rund um den Kaufprozess – zu Lasten der Produktbindung. Online gekaufte Produkte sind austauschbarer als real gekaufte Produkte mit einer emotionalen Kaufhistorie.

Tot geglaubte leben länger.

Diesem Sprichwort folgend möchte ich den Stationären Einzelhändlern Mut machen, die Herausforderungen der Gegenwart aufzugreifen und die zusätzlichen Handelskanäle zu entdecken. Für viele ist E-Commerce „Technologie“ und damit kompliziert, teuer und zeitintensiv. Aber: Es gibt heute versierte Experten, die hier begleitend unterstützen und Händler auf ihrem Entdeckungs- und Eroberungspfad begleiten – ganz im Sinne der instinktiv getriebenen Käuferschaft.

Newsletter bestellen

Tragen Sie hier Ihre E-Mail-Adresse ein, wenn Sie über neue Beiträge informiert werden möchten. Dieser Service ist kostenlos und kann jederzeit abbestellt werden.



Mit Absenden der E-Mail-Adresse akzeptieren Sie die Datenschutzbestimmungen.

ähnliche Beiträge

Diskutieren Sie mit!